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Etappe 2a: Lindau - Interlaken 265,5 km (Lindau - Genf 516,5 km)

Veröffentlicht am 22.05.2012

Karten Etappe 2: Lindau - Genf

 

Fotos Etappe 2: Lindau - Genf

 

12. Tag           03.05.2012                  Lindau bis Fußach                           20,5 km

 

Nach einem Gewitter in der Nacht scheint die Sonne wieder. Ich bummle durch die Lindauer Altstadt, besuche das „Münster zu unserer Lieben Frau“, die danebenstehende alte evangelische Kirche, schlendere zum Hafen und schaue den Touristen zu, wie sie beim Schiffsanleger Schlange stehen, um zu Bodenseerundfahrten zu starten.

 

Ich verlasse die Insel Lindau über die Straßenbrücke, um gleich dahinter auf den Seeuferweg Richtung Bregenz abzubiegen. Zurückblickend liegt, mit ihren beiden Kirchtürmen, die Stadt Lindau im See. Vor der Eisenbahnschranke zweige ich auf den Fahrradweg ab, der zwischen Bahnlinie und See, zum Teil direkt am Seeufer, streckenweise auch etwas entfernt an Güterschuppen und unter alten, jetzt blühenden Kastanienbäumen verläuft.

 

Ein fahrradfahrendes Pärchen hat Stress, sie meckert, dreht kurzerhand um und schiebt ihr Rad zu einer Sitzbank, er brummelt etwas von „bei solcher Stimmung vergeht einem der ganze Spaß“, schiebt sein Rad ebenfalls zur Bank. Später überholen sie mich, offensichtlich versöhnt, brav hintereinanderherfahrend.

 

Vor Bregenz ist das Ufer betoniert, der Weg verläuft zwischen Bahngleis und Ufermauer vor den grünen Hängen des Pfänder. Ein Angler probiert sein Glück, direkt neben einem Schwanennest, der große Vogel dreht ungerührt und ungestört mit dem Schnabel seine blaugrünen Eier um, bevor er sich zum Weiterbrüten wieder darauf niederlässt.

 

Ich raste auf einer Bank, unzählige Radfahrer rauschen vor mir vorbei, direkt hinter mir rattern die Züge auf dem naheliegenden Gleis, ich marschiere weiter auf Bregenz zu, das mit seinen Häusern und Türmen vor den weißen Gipfeln der Schweizer Alpen in der Sonne liegt. Ich erreiche den Hafen und, unter schattigen Bäumen, die Uferpromenade hinter der Bregenzer Seebühne. Der Bodenseerundweg führt am Zisterzienserkloster Mehrerau vorbei, die Seeufer sind Naturschutzgebiet, dürfen, bis auf wenige Ausnahmen, nicht betreten werden. Gelbe Hahnenfußwiesen leuchten vor dem blauen Wasser in der Sonne.

 

Vor der Bregenzer Ache biegt der Weg rechtwinklig links ab, die Ache wird nach wenigen hundert Metern auf der „Fahrradlbrücke“ überquert, ich erreiche Hard, nehme nicht den Rundweg, sondern gehe durch das Dorf, durch ein Industriegebiet, erreiche die Bundesstraße an der Rheinbrücke.

 

Der Fluss strömt milchiggrün eilig dem See zu, Autoverkehr staut sich vor dem Verkehrs-engpass in beiden Richtungen. Hinter der Brücke liegt das Dörfchen Fußach, mein heutiges Tagesziel, ich gehe ins Zentrum mit der Kirche, finde Unterkunft.

 

 

13. Tag           04.05.2012                  Fußach bis Rorschach                     22,5 km

 

Ich verlasse Fußach, gehe an der Kirche vorbei auf dem Bodenseerundwanderweg zum Pumpwerk, dann auf dem Polderdamm in Richtung „Alter Rhein“. Links ragen, hinter grünen, gelbgetupften Wiesen, die Schneeberge der Schweizer Alpen auf, rechts liegt tiefblau der Bodensee in der Morgensonne. Vor mir sehe ich die Hügel von Rorschach, am Wegrand stehen blühende Kastanien- und Obstbäume.

 

Beim „Alten Rhein“ angekommen muss ich links abbiegen, auf schmaler Asphaltstraße zwischen Flussauen und kleinen Häusern zur gedeckten Brücke bei Gaißau gehen. Ich kreuze den „Alten Rhein“ und bin in Rheineck in der Schweiz, kein Schild, keine Schranke markiert die Grenze.

 

Am anderen Ufer des „Alten Rheins“ führt der Weg wieder nach Norden auf den Bodensee zu, ein Radweg ist ausgeschildert, links neben mir braust die Autobahn, rechts schwappt das trübe Wasser des Flusses zwischen Pappeln und Schilf, einzelne Boote liegen an Schwimmstegen. Die Autobahn biegt links ab, mit ihr der Lärm, jetzt kann ich den Gesang der Vögel, Spechttrommeln, sogar einen Kuckuck hören, an einer seichten, mit Seerosen bewachsenen Stelle erklingt das Konzert der Wasserfrösche, ein Graureiher steht bewegungslos zwischen den Wasserpflanzen.

 

An der nach Abwasser stinkenden Kläranlage und dem Flughafen St Gallen/Altenrhein vorbei komme ich in das Dorf Altenrhein, erreiche wieder das Seeufer, einen Kiesweg, folge ihm bis zum Hafen von Staad. Ein letzter unverbauter Blick auf den Bodensee, dann biege ich auf die belebte Hauptstraße nach Rorschach ab.

 

Ziemlich eintönig latsche ich sie entlang, durchquere Staad, erreiche Rorschach, muss an Industriegeleisen und am Bahnhof vorbei und bin im Stadtzentrum an der Hauptstraße. Beim Jakobsbrunnen steht mein Hotel.

 

 

14. Tag           05.05.2012                  Rorschach bis Herisau                     29 km

 

Das schöne Wetter von Gestern ist Landregen gewichen, ich ziehe meine Persenning über, starte am Kronenplatz beim Jakobsbrunnen, gehe über den Marktplatz und folge den Muschelzeichen aus der Stadt heraus. Bei der Eisenbahnschranke muss ich kurz warten, einen Zug vorbeilassen, dann geht es verwinkelt zur Autobahn, die Muschel verschwindet, nur noch Wegweiser „Wanderweg“, ohne Ziel und Richtung. Ich folge ihnen, gehe parallel zur Autobahn, unter mir liegt Rorschach und der nebelverhangene Bodensee. Ich werde unsicher, kehre um, laufe in einem Tunnel unter der Autobahn hindurch, lande auf einem Bauernhof, gehe zurück, unterquere in einem anderen Tunnel die Autobahn und finde einen Wegweiser nach Eggersriet. Das liegt immerhin am Weg nach St. Gallen.

 

Ein Postauto hält, der Fahrer kommt zu mir und will mir den Weg erklären, im schönsten Switzerdütsch, ich verstehe kein Wort, folge den Wegweisern bergauf neben einem Bach durch lichten Laubwald. Bei ein paar Häusern begegnet mir der gleiche Postfahrer wieder, zeigt jetzt bestimmt den Weg nach Untereggen. Der Wanderweg entlang der Autobahn wäre wohl richtig gewesen.

 

Ich folge dem Hinweis des Postfahrers, erreiche den Schlossteich von Sulzberg, dann Untereggen-Vorderhof, über Landwege -Mittelhof und -Hinterhof, laufe ein kurzes Stück auf der Hauptstraße bis zu einem Abzweig in die Wiesen. Es geht hinunter zu einem Bauernhof, neben dem Weg bimmelt hinter Elektrozäunen Weidevieh, ein Hund liegt vor einem Gehöft auf dem Weg, knurrt mich an, rührt sich aber nicht, als ich vorbeigehe. Nun geht es steil hinunter zur Hauptstraße und zur Martinsbrücke, die in schwindelnder Höhe die Goldachschlucht überquert, gleich dahinter links auf einem Sträßchen durch Buchenwald leicht aufwärts, bis bei einem Ponyhof die Hauptstraße erreicht wird. Ich komme zu den ersten Häuser von St. Gallen.

 

Über Nebenstraßen wandere ich durch Vororte in den Stadtteil Neudorf, ein letztes Muschelzeichen, dann nur noch Wegweiser nach Rorschach und Arbon, kein Hinweis in die Innenstadt. Ich gehe an der Neudorfer Kirche vorbei, finde ein Hinweisschild für Radfahrer ins Zentrum. Ich folge ihm, schlurfe die lange „Lindenstraße“ entlang, dann beim Kantons-Hospital kurz links-rechts und bin am Spisertor in der Altstadt und im Stiftsbezirk. Ich erreiche den schmerzend rot gestrichenen Raiffeisenplatz, gehe hinüber zum Bahnhof und finde endlich die Zeichen „Nr. 4, Via Jacobi, Wege der Jakobspilger“ wieder, die mich über Nebenstraßen und Seitenwege am hölzernen Tröckneturm und der Kapelle „Maria Einsiedeln“ vorbei nach Bruggen leiten.

 

Dort passiere ich die imposante evang. Kirche und die moderne katholische Martinskirche, biege von der Hauptstraße ab hinunter zur Kräzernbrücke über die Sitter, gleich dahinter muss ich steil links hinauf über die Eisenbahn zum Gübsensee und hinter dessen Staumauer auf einem breiten Fahrradweg durch Wald zur Hauptstraße nach Herisau. In Herisau überquere ich auf einer Brücke die Eisenbahn, eine lange Vorstadtstraße bringt mich am Bahnhof vorbei in das Ortszentrum mit dem Rathaus und der Laurentiuskirche.

 

 

15. Tag           06.05.2012                  Herisau bis Wattwil                          23 km

 

Ich verlasse Herisau durch die Schmiedegasse, gehe an schönen Holzhäusern vorbei eine Treppe hinunter zur Hauptstraße, quere sie und steige durch Wald hinauf zum Nieschberg. Von der schönen Aussicht ist heute leider nicht viel zu sehen, links verhüllen die Schneeberge der Alpen ihre Gipfel in Wolken, nur rechts ist sattgrünes, waldgesprenkeltes Appenzeller Weideland zu sehen, braune hölzerne Bauernhäuser dazwischen.

 

Der Weg in leichtem Auf und Ab bringt mich an Schwellbrunn vorbei, das auf einem Hügelrücken malerisch neben dem Weg liegt, ich tauche in das Risiwäldchen ein, steige über federnden Waldboden steil aufwärts, überschreite eine Kuppe und gehe zunächst auf rutschigem Lehmpfad im Wald abwärts, erreiche dann eine Wiese und einen nassen Graspfad hinunter zum Gasthaus „Hirsch“, laufe ein steiles Asphaltsträßchen hinauf zu einem Sanatorium und von dort über Wiesen zum Berggasthof „Sitz“ auf 1084 m Höhe. Graue Appenzeller Kühe liegen neben dem Pfad, ich muss erste Elektrozäune öffnen und schließen.

 

Auf Wiesenpfaden und kleinen Sträßchen, die durch kleine Dörfchen mit wunderschönen alten Holzhäusern führen, komme ich auf die Hänge über St. Peterszell, muss einen steilen, matschigen, mit Kuhfladen verschmutzten Weg absteigen, in einem Wäldchen über Wurzeln hinunterstolpern, bin bei Villen am Berghang, eine Treppe, ein nasser Grasweg führt hinab zur Schule, ich stehe vor der Barockkirche mit den gelben Klostergebäuden.

 

Am „Bädli“, einem Holzhaus mit reich verzierter Fassade vorbei, überquere ich die Hauptstraße, ein kleiner Pfad mit hölzernen Treppenstufen steigt den steilen Hang hinauf, es beginnt in Strömen zu regnen. Bei einem Haus finde ich Unterschlupf, streife meine Regenpelerine über und quäle mich den steilen Anstieg hinauf zum Weiler Hofstetten, nur um in das Schliefental hinunter zu müssen. Ein erneuter steiler Anstieg, ein Weg zweigt ab, den Leuten, die den Jakobsweg markieren, sind wohl die Schildchen ausgegangen, ich bin unsicher, gehe geradeaus weiter, frage bei einem Bauernhof, bin glücklicherweise richtig.

 

Jetzt beginnt der Abschnitt der Wiesenpfade, eingerahmt von Elektrozäunen muss ich durch pitschnasses Gras laufen, unzählige Drähte an den Isoliergriffen öffnen und schließen, hinter einem Bauernhof ein weiterer steiler Anstieg, Treppenstufen zu einem Wäldchen, eine rote Bank davor, Wurzeltreppen darin, endlich ein Asphaltsträßchen und Jakobsmuschelwegweiser zum Hotel „Churfirsten“ auf 984 m Höhe. Auch hier keine Aussicht, Schneehänge ragen unter den Wolken ins Tal, von den Bergen weht ein eisiger Wind, einzelne Schneeflocken mischen sich in den Schnürlregen.

 

Nach kurzen Strecken Schotterstraße muss ich immer wieder zwischen steilen Wiesen, auf denen Kühe, Schafe und Ziegen grasen, hinabsteigen, erreiche eine Hauptstraße, vor mir im Tal liegt Wattwil. Ein letzter Wiesenpfad, ein Weg einen Hügelrücken hinab, eine Eisentreppe an einer Felswand, ich stehe vor dem Hotel „Löwen“.

 

 

16. Tag           07.05.2012                  Wattwil bis Lachen              37,5 km

 

Ich gehe in Wattwil vom Hotel zum Bahnhof, von dort die Hauptstraße entlang zur Brücke über die Eisenbahngleise, hinter der Bahn ein kurzes Stück zurück bis zur Jakobswegmarkierung zur Burg Iberg hinauf. Steile Treppenstufen führen nach oben, ein Regenschauer zieht auf, ein paar Tropfen, schon ist er vorüber.

 

Hinter der Burg geht es etwas bergab, dann lang und mühsam aufwärts zum Laadpass (990 m), zum Teil auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg, zwischendurch immer wieder Abschneider über Wiesenpfade. Auf der Passhöhe ein Bauernhaus und eine Tafel, die darauf hinweist, dass hier früher ein Bildstock stand, vor dem die Jakobspilger beteten.

 

Ein steiler Weg abwärts, wieder muss ich ständig Elektrozäune öffnen und schließen, ich erreiche das Dorf Walde, gehe die Hauptstraße entlang bis zu einer Abzweigung Richtung St. Gallenkappel. Ein Weg durch Gärten an einzelnstehenden Häusern vorbei, Wald, ein Hohlweg, ich sehe zum ersten Mal den Oberen Zürichsee, muss durch Wiesen an bimmelndem Weidevieh vorbei und kreuze bei der Kirche in St. Gallenkappel die Hauptstraße.

 

Es geht steil hinunter zum Aabachtobel, über dem auf einer Betonbrücke die Autobahn braust, dahinter aufwärts zur Jakobskapelle in Neuhaus. Ein Wiesenpfad führt zur Auto-bahn, die auf einer schmalen Brücke gequert wird, dann laufe ich über Goldberg gerade hinunter nach Schmerikon und über die Eisenbahnlinie hinweg zum Seeufer mit der Promenade.

 

Ein Damm führt am Aabach entlang bis zu der schönen gedeckten Holzbrücke, dahinter ein gerader Weg zum Linthkanal, der strudelnd milchiges Gletscherwasser in den Zürichsee strömen lässt. Auf dem Damm am Kanalufer unterquere ich die Autobahn, komme zur Grynaubrücke, der ersten Möglichkeit, den Linthkanal zu queren. Hinter der Brücke muss ich ein paar hundert Meter auf dem Fußweg neben der Hauptstraße entlang laufen, bis rechts ein Weg abzweigt, in einem Tunnel unter der Autobahn hindurch. Am Buechbergwald und den Stationen eines Kreuzweges entlang komme ich zur Linthbord-kapelle, passiere sie, dahinter liegt Tuggen. Ich raste bei der Kirche, ein Postbus hält, würde nach Wangen-Siebnen fahren. Soll ich …? Nein ich bleibe eisern, gehe zu Fuß!

 

Im Dorf geht es die Buechbergstraße steil hinauf, dann links weg zum Weiler Ränken, ein paar Häusern auf der Hügelkuppe. Steil abwärts gehend komme ich an die Hauptstraße, muss sie bei starkem Verkehr ohne Randstreifen oder Fußweg 500 Meter unangenehm entlanglaufen, bis links ein Fahrweg abbiegt, wieder die Autobahn kreuzt, in einem Tunnel unter der Eisenbahn hindurch führt und dann neben der Bahnstrecke zum Bahnhof Wangen-Siebnen verläuft. Dort geht es links weg ins Dorf Siebnen, zur St. Nikolaus-kapelle und den beiden beeindruckenden Kirchen.

 

Hinter der Bachbrücke wandere ich durch Wohnsiedlungen nach Galgenen, erreiche in einem weiten Bogen die St.-Jost-Kapelle, tappe eine lange, gerade Straße entlang, überquere den Spreitenbach, muss wieder unter der Autobahn hindurch und bin in Lachen, zwischen modernen Wohnblöcken umgeben von geräumigen Rasenflächen. Es geht ge-rade hinunter zum Bahnhof, zur Pfarrkirche, ins Stadtzentrum.

 

 

17. Tag           08.05.2012                  Lachen bis Einsiedeln                      15,5 km

 

Ich verlasse Lachen, gehe beim Bahnhof unter den Eisenbahngleisen durch, folge dann den Wegweisern, unterquere die Autobahn und laufe steil zur St.-Johann-Kapelle hinauf. Hinter dem Wirtshaus Johannisburg geht es parallel am Hang entlang, rechts unter mir der Zürichsee mit Pfäffikon am anderen Ufer, hinter mir sehe ich am Horizont den Gipfel des Säntis, der sich vorgestern und gestern erfolgreich hinter Wolken verborgen hatte.

 

Hinter ein paar Häusern treffe ich auf die „Bilstenstraße“, gehe sie aufwärts, kürze über steile Wiesen- und Waldpfade einige Serpentinen ab, wandere dann wieder parallel zum Hang in den Weiler Schwändi hinein. Hier biegt links der „Pilgerweg“ ab, dem ich folge. Das Wirtschaftssträßchen wird bald zu einem steinigen Feldweg, der steil aufwärts, zunächst durch lockeren Wald, dann am Waldrand entlang verläuft. Der von Pfäffikon kommende „Schwabenweg“ trifft hier auf den Jakobsweg, gemeinsam führen beide zur Passstraße, kurz unter dem Etzelpass. Einige steile Holzstufen leiten hinauf zur St. Meinrad Kapelle und dem gleichnamigen Gasthaus auf der Passhöhe (950 m), dahinter liegt eine grünes Hochtal, die Bäume sind hier oben noch kahl, es geht ein kalter Wind.

 

Hinter dem Pass darf ich gleich wieder steil abwärts laufen, einen Kilometer bis zu Tüfelsbrugg, einer gedeckten Steinbogenbrücke, dahinter wieder aufwärts, dann rechts einen Wanderweg durch Moor und schmierige Lehmhänge, zum Schluss an heftig mit ihren Glocken bimmelnden Kühen vorbei steil hinauf zu einem asphaltierten Wirtschaftsweg.

 

Ich gehe links, folge dem Weg auf die verschneiten Berge zu, die am Horizont hinter dem Sihlsee liegen. Vor mir wandert eine Pilgerin, beleibt, mit rotem Anorak und in neon-grünen Hosen, eine große Jakobsmuschel an ihrem Rucksack. Sie hält alle 10 Schritte an, um ihre in Wandersandalen steckenden, nackten Füße zu massieren. Sie wird lange brauchen! Ich überhole, grüße, vor mir taucht Einsiedeln auf, die wuchtige Anlage des Klosters vor dunklen Bergen.

 

In einem Tunnel gehe ich unter der verkehrsreichen Hauptstraße hindurch, erreiche die ersten Häuser Einsiedelns. Der Weg zieht sich noch zwischen eintönigen Wohnhäusern dahin, bis ich endlich an der St. Gangulfkapelle bin, gleich dahinter der Klosterplatz, belebt, viele Menschen fotografieren, Reisegruppen sammeln sich, es sieht ein wenig aus, wie am Petersplatz in Rom.

 

 

18. Tag           09.05.2012                  Einsiedeln bis Brunnen/Seelisberg             25,5 km

 

Der Jakobsweg beginnt am Kloster, verläuft zwischen alten Häusern hindurch, dann durch neue Siedlungen, ich muss den Lagerplatz eines Sägewerkes überqueren, riesige Bretterstapel säumen den Weg, es riecht gut nach frisch geschnittenem Holz. Außerhalb des Dorfes erreiche ich die Sportanlage, danach einen steinigen Feldweg, der durch grüne, feuchte Wiesen am Frauenkloster Au vorbei führt. Nach dem sonnigen Wetter gestern hatte es in der Nacht geregnet, jetzt ist es bedeckt, gelegentlich nieselt es ein wenig, auf den Hügeln und auf den Felspyramiden der beiden Berge „Großer und Kleiner Mythen“ liegen Schneereste.

 

Ich erreiche Trachslau, muss links zu einem Kieswerk abbiegen, dessen Steinmühlen ohrenbetäubend dröhnen, riesige Kipper werden mit Schotter beladen. Schnell lasse ich die Fabrik hinter mir, bin am Ufer des Gebirgsflusses Alp, an dem ich jetzt aufwärts gehe. Immer wieder muss ich die Flussseite wechseln, komme zum langgestreckten Weiler Alpthal, gehe an der Kirche vorbei, wieder durch den Lagerplatz eines Sägewerkes, überschreite die Alp auf einer Brücke, kreuze die Straße und bin am Haggeneggweg.

 

Neben einem Sturzbach steige ich auf grobem Schotter empor, quere den Bach auf Trittsteinen und bin auf einer alten Kopfsteinpflasterstraße, die steil zwischen alten Tannen ansteigend verläuft. Bei einer kleinen Kapelle verlasse ich den Wald, gehe durch Almwiesen, einzelne rotgedeckte Holzhäuser sind in den Matten verstreut, ein Regenschauer zieht über den Pass, in einer neuen Schutzhütte aus dicken Balken finde ich Unterschlupf.

 

Der Regen hört auf, moderat ansteigend erreiche ich die Passhöhe (1414 m), gleich dahinter ist in der Hügellücke ein Stahlgerüst mit einer silbern glänzenden Glocke und das Wirtshaus Haggenegg zu sehen. Vom Pass ein großartiger Ausblick auf den blauen Vierwaldstätter See mit den dahinter liegenden, schneebedeckten Bergen des Urirotstocks und des Rigi. Vor der Wirtschaft zweigt ein mit grauem Split bestreuter Pfad links ab, mörderisch steil geht es nach unten, scheinbar endlos Serpentine um Serpentine durch Wald, ein kurzes Stück flacher Wirtschaftsweg, dann wieder steiles Gefälle. Ich erreiche eine Asphaltstraße, einen Abschneider lasse ich aus, folge dem flacheren Weg, sehe endlich unter mir Ried, Schwyz, habe die 1000 Höhenmeter absteigend überwunden.

 

Die Sonne kommt durch, es wird schwülwarm, ich kann meine Fließjacke ablegen. Ich durchschreite Schwyz, laufe auf einer breiten Hauptstraße an einem Einkaufzentrum vorbei, quere die rasch dahinströmende, milchgrüne Muota, biege rechts in Felder mit einzelnstehenden Bauernhäusern ab, komme an einer kleinen Kapelle vorbei, ein Gebet davor soll gegen Zahnschmerz helfen (kann ja nicht schaden), steige auf zur Wendelin-kapelle und gehe unter der Autobahn hindurch nach Ingenbohl/Brunnen hinein.

 

Ich erreiche den See, in wenigen Minuten fährt das Schiff nach Luzern, mit dem ich nach Treib übersetzen kann. Beim Fahrkartenlösen werde ich gefragt, ob ich nur nach Treib oder auch nach Seelisberg möchte. Ich habe dort ein Hotel reserviert, sage also Seelisberg. Währen der Überfahrt kommen mir Zweifel, Seelisberg liegt doch nicht am Ufer, frage also nach und erfahre, dass ich gleich die Fahrt mit der Standseilbahn auf den Berg hinauf mitgekauft habe. Na gut, der Heilige Santiago wird’s verzeihen, ich schummle, nehme die abenteuerlich steile Bahn und erreiche eine ganz süßes Hotel oben auf dem Berg.

 

 

19. Tag           10.05.2012                  Brunnen/Seelisberg bis Stans                      23 km

 

In Seelisberg gehe ich vom Hotel Richtung Bahnhof bis zur Kirche, biege dort, dem Wegweiser nach Emmetten folgend, links auf die Asphaltstraße ab. Gemächlich geht es bergab, ich habe immer den Vierwaldstätter See vor Augen. Das Asphaltsträßchen führt durch Wiesen, einzelne Holzhäuser stehen zwischen Hügeln, vom See herauf mündet die Originaltrasse des Jakobweges von Treib kommend ein, weit hinter mir ragen die beiden Felspyramiden des Großen und des Kleinen Mythen auf, an denen ich gestern vorbeigewandert bin.

 

Kurz vor dem Ende der Asphaltstraße zweigt links eine doppelte Fahrspur ab, wird zu einem Pfad, der am Hang und unter senkrechten Felswänden ziemlich ausgesetzt hoch über dem Seeufer durch Buchenwälder leitet. Treppen führen durch eine Felswand, von unten mündet ein anderer Pfad ein, ich muss drei kurze Serpentinen nach oben steigen, der Wald endet, vor mir schönstes Schweizer Postkartenpanorama: schneebedeckte hohe Berge, hölzerne Holzstadeln in grünen Wiesen, eingerahmt von dunklen Wäldern. Ich stehe vor einer Kuhweide, quere rechts, gehe durch Bauerngärten und bin an der Hauptstraße, die Seelisberg mit Emmetten verbindet. Ich überquere sie, wandere auf Nebenwegen zwischen Bauernhäusern hindurch nach Emmetten. Hier laufe ich auf dem Bürgersteig durch das langgezogene Dorf, der Wegweiser zeigt nach links, das Nebensträßchen ist von einem weißen Lieferwagen blockiert, ich gehe durch Blumenbeete an ihm vorbei, kreuze wieder die Hauptstraße und steige einen steilen, grauschwarz gekiesten Treppenweg, der neben einem Sturzbach verläuft, hinunter nach Beckenried, unterquere die Autobahn und bin am Seeufer.

 

Auf einer Bank mache ich ausgiebig Rast, gehe dann die Uferpromenade entlang, komme an die Kirche, gehe in das Dorf, rechtsabbiegend aufsteigend an der Schule mit dem schlossartigen, alten hölzernen Schulgebäude und an der Wallfahrtskapelle „Maria im Ridli“ vorbei. Über mir dröhnt die Autobahn auf einer Betonbrücke, ein Pfad zweigt rechts ab, senkt sich zur belebten Kantonalstraße, die ich vorsichtig überquere, gehe sie entlang und bin erneut am Seeufer.

 

In Buochs biegt der Weg hinter der Kirche ab, steigt aufwärts an einer kleinen Kapelle vorbei, unterquert die Autobahn und windet sich durch hügeliges Weideland auf das Stanser Horn zu. Der Vierwaldstätter See liegt endgültig hinter mir, Gleitschirmflieger hängen in der Luft, kreisen langsam zu Tal.

 

Im Weiler Ennerberg, kurz vor der Loretto-Kapelle, biege ich links ab, steige zu einigen Bauernhöfen hinauf. Der Weg windet sich auf ein Holzhaus in Waltersberg zu, endet dort, erneut bietet sich mir das Panorama einer Kitschpostkarte. An einer Feldscheune vorbei geht es auf einem Wiesenpfad steil hinunter zur Engelberger Aa, die auf einer Brücke überquert wird. Vor mir sehe ich den Kirchturm der Stanser Pfarrkirche, ich überquere in Oberdorf die Bahngleise, steige zum mächtigen, dunkelroten, schlossartigen Gebäude der Kantonalsschule hinauf und bin in Stans. Es sind nur noch wenige Meter zum geräumigen Dorfplatz, mit der Kirche, den beiden Kapellen, einem grausamen Denkmal, das zeigt, wie ein Eidgenosse mit dem Morgenstern einen Ritter erschlägt. Vor den Hotels in den schönen Bürgerhäusern sind Tische aufgestellt, in der warmen Nachmittagssonne genießen die Bürger Kaffee, Kuchen, ein Feierabendbier.

 

 

20. Tag           11.05.2012                  Stans bis Flüeli-Ranft                      16,6 km

 

In Stans steige ich vom Dorfplatz zunächst steil aufwärts, komme an der Kniri-Kapelle „Maria zum Schnee“ vorbei, kreuze die Standseilbahn und wandere unter den Hängen des Stanser Horns immer leicht hinauf gehend durch hügeliges Wiesen- und Waldland. Ich erreiche St. Jakobi, das zu Ennetmoos gehört, gehe vor einem Landmaschinenhandel rechts zur Hauptstraße, dann auf Nebenwegen durch das Dorf und quere hinüber zur St. Jakob-Kirche.

 

Eine kurze Rast, es geht zurück zu kleinen Sträß-chen zwischen Häusern hindurch in den Wald, ich kreuze auf einer Brücke den Mehlbach und bin im Kanton Obwalden, laufe durch lichten Laubwald. Ein schwarzes Eichhörnchen turnt vor mir am Boden herum, flüchtet auf einen Baum, schaut mir aus seinen braunen Knopfaugen nach.

 

Der Wald endet, in den Wiesen ein Dörfchen, am Wegrand die Maichäppeli, eine der vielen kleinen Kirchen. Unten im Tal liegt Kerns, ich laufe hoch am Hang auf den so beliebte Wiesenpfaden, komme in einem kleinen Weiler am Pilgerstibli vorbei, einem Selbstbedienungsrestaurant, dekoriert mit großen Jakobsmuscheln, kehre aber nicht ein.

 

Offenes Wiesenland, einzelne Bäume, Kuhglockengebimmel, am Horizont schneebedeckte Berge, im Tal der Sarner See, Bilderbuchschweiz. Es geht etwas bergab, am Waldrand muss ich links, dort liegt unter Bäumen versteckt das Bethanienheim, ein modernes Dominikanerinnenkloster, Betonarchitektur mit einer schiffbugartig aufragenden Holzkapelle, der Weg führt über das Klostergelände, dahinter nach St. Niklausen hinunter. Ich erreiche die Postbushaltestelle, gehe die Hauptstraße bergauf, biege links in eine Nebenstraße den Berg hoch ab, um gleich wieder rechts hinunter zu gehen, beim Restaurant Alpenblick erneut die Hauptstraße zu queren und auf einem kiesigen Feldweg in den Ranft, die Schlucht der Melchaa, zu wandern.

 

Auf einer Brücke wird der reißende Gebirgsbach gequert, dahinter steht die untere Ranftkapelle, ein paar Schritte bergauf die obere Kapelle mit der Einsiedlerklause des St. Bruder Klaus. Bei einem Holzhaus liegt ein Stempel für Jakobspilger aus, ich drücke ihn in mein Pilgerbüchlein.

 

Der steile Treppenweg nach Flüeli ist mir zu mühsam, ich ziehe den etwas sanfter ansteigenden Ranftweg vor, erreiche das romantische Dorf in grandioser Landschaft mit einmaliger Aussicht und einem imposanten Jugendstilhotel, übernachte in einem Chalet.

 

 

21. Tag           12.05.2012                  Flüeli-Ranft bis Brienz                    32 km

 

Ich verlasse Flüeli über den „Visionenweg“, die Hitze und der klare Himmel von Gestern sind kühler Schwüle und tiefhängenden Wolken gewichen, in der Nacht hatte es etwas geregnet.

 

Über Kieswege und Wiesenpfade passiere ich Statuen, die an die Visionen des Niklaus von Flüe, bzw. seiner Frau erinnern sollen, erreiche Sachseln, gehe am „Bruder Klaus Museum“, an der Kirche vorbei, laufe ein Stück die Hauptstraße entlang, biege dann auf den Weg zum Strandbad ab, benutze den Seeuferweg zwischen Wasser und Eisenbahn-gleisen. Es nieselt etwas, Nebelschwaden hängen in den Bergen an der anderen Seeseite.

 

Am südlichen Seeufer treffe ich beim alten Zollhaus, jetzt einem Restaurant, auf die Hauptstraße, gehe sie ein paar hundert Meter entlang, biege dann auf einen Feldweg nach Giswil ab. Es beginnt zu regnen, Sturmböen kommen auf, es wird plötzlich empfindlich kühl. Vor einem Blumenladen in Giswil werden die Töpfe umgeweht, vom Wind auf die Straße getragen, ich helfe der Besitzerin beim Einsammeln, ernte ein dankbares Lächeln.

 

Hinter Giswil steige ich durch Wald hinauf zum Lunger See, kreuze Nationalstraße und Schmalspurbahnstrecke, wandere am Wasserkraftwerk vorbei um den See herum. Es regnet in Strömen, die Tropfen prasseln auf meine Persenning. Von den schönen Landschaften ist im Nebel und unter den Wolken nichts zu sehen, am anderen Seeufer thront „Die Kathedrale“, der Neubau der von einer Mure zerstörten Lunger Kirche, die der Lourdes-Kathedrale nachempfunden wurde. Durch Obdorf erreiche ich Lungern, biege vor der Kirche bergauf ab, gehe über das Werksgelände einer Holzfabrik und steige in einem engen Tal hinauf zur Nationalstraße, überquere sie und bin jetzt auf altem Pflaster, steige in den Fels gehauene Stufen hinauf, bin wieder in Wald, muss unter einer Steilwand hindurch. Hier liegt in einer Felsnische ein Pilgerbuch aus, geschmückt mit einer Jakobs-muschel. Ich öffne es, will mich eintragen, finde ein großes, kunstvoll geschriebenes arabisches „Allah“ auf einer Seite. Da war wohl jemand auf dem falschen Weg, die Hadsch führt nach Osten, nach Mekka, und Santiago war der Schutzheilige im Kampf gegen die Mauren, die Moslems in Spanien. Ich trage mich in das Buch ein, steige weiter, erreiche kurz vor der Passhöhe die Nationalstraße wieder. Hier geht es ein kleines Stück abwärts über eine große Wiese, Heustadeln darin. Am Wiesenrand verläuft die Eisenbahn-linie, ein Zug kommt, verlangsamt seinen Geschwindigkeit und rastet laut hörbar die Zahnräder in die Zahnstangen ein, um die Steigung zur Passhöhe bewältigen zu können. Aufwärtssteigend erreiche ich die Bahngleise, gehe daneben her bis Brüning, der Bahn-station auf dem Pass in 1008 m Höhe.

 

Der Weg führt auf Treppenstufen hoch über die Nationalstraße, über Wiesenpfade, dann auf einer breiten Asphaltstraße an ein paar Häusern vorbei in den Wald. Hier beginnt eine urwüchsige Landschaft, große Felsbrocken säumen den Weg, der über die Wurzeln alter Bäume verläuft, ein Wegweiser zum Aussichtspunkt Tschuggen, im Nebel sehe ich nichts.

 

Jetzt geht es mörderisch steil abwärts, regennasse Steine und Wurzeln machen die Strecke gefährlich, sehr konzentriert setze ich meine Schritte, stütze mich mit dem Wanderstock ab, erreiche endlich erleichtert im Tal die alten Holzhäuser von Brienzwiler. Auf nun ebener Strecke kann ich gut ausschreiten, im Regen den Uferweg in Brienz erreichen, mich im Hotel trocknen und zu Abend essen.

 

 

22. Tag           13.05.2012                  Brienz bis Interlaken                       20,5 km

 

In Brienz gehe ich die Hauptstraße nach Interlaken entlang, komme an der romantischen Schmiedegasse vorbei, kreuze dann auf einer Brücke die Eisenbahn und wandere auf einer breiten Kiesstraße zwischen Almwiesen tief unter der Steilwand des Riedergrates langsam aufwärts. Unter mir liegt der grünblaue See, Wasserfälle stürzen aus den Felswänden, dunkel steigen auf der anderen Seeseite die Berge an, leider sind die schneebedeckten Gipfel hinter Wolken verborgen, ich hatte mich auf diesen einmalig schönen Teil des Weges gefreut. Zwei junge Frauen mit leichtem Tagesgepäck überholen mich.

 

Eine stählerne Hängebrücke führt über den tiefeingeschnittenen Unterweidligraben, sie schwankt und schwingt stark beim Darübergehen, für Menschen mit Höhenangst ist das wohl nichts. Die beiden Mädchen machen hinter der Brücke Brotzeit, fragen ob ich auf dem Jakobsweg sei und woher ich komme. Meine Antwort, ich sei aus München und von dort zu Fuß hierher gelaufen, beeindruckt.

 

Hinter der Brücke geht es hinunter nach Oberried, erst sanft durch Wald und Wiesen, dann steil ins Dorf hinab über die Eisenbahnlinie zum Seeufer. Ich darf am See entlang-wandern, werde aber schon bald wieder durch Wegweiser hinaufgeschickt, komme auf einem Wirtschaftsweg zum Fahrlauwigraben, der noch von Lawinenabgängen voll Schnee liegt. Vorsichtig überquere ich die vereiste, rutschige Passage auf Trittspuren, muss hinunter nach Niederried, nur um gleich darauf wieder im Wald aufwärts zu gehen.

 

Es geht eine Weile auf gleicher Höhe bleibend parallel zum Hang, die Wolken haben sich etwas gehoben, ein Stück blauen Himmels ist zu sehen, die Berggipfel bleiben aber weiterhin verborgen. Die beiden Mädchen überholen mich wieder, nur um ein paar Meter weiter zu rasten, in der Sonne zu liegen und sich die vom hochgeschobenen T-Shirt freigelegten glatten Bäuche bräunen zu lassen. Das Lager einer Natursteinfabrik wird durchquert, große, graue Granitquader liegen am Wegrand. Ein Asphaltsträßchen folgt, leitet endgültig den Berg hinunter nach Ringgenberg. Am Bahnhof gehe ich an den Eisenbahngleisen entlang, kreuze die Bahnlinie mehrfach, steige ein paar Meter zur mächtigen Burgkirche hinauf und erreiche die Eisenbahnbrücke über die Aare. Ich bleibe am rechten Aareufer, gehe am Fluss entlang durch Gärten und an im alpenländischen Stil gebauten Villen vorbei bis zur Beaurivage-Brücke, die nach Interlaken hinüberführt. Auch hier ist von der gewaltigen Gebirgskulisse über der Stadt im wolkenverhangenen Himmel leider nichts zu sehen.

 

Ich kreuze die Aare und schlurfe noch zwei lange Kilometer durch das von Touristen aller Länder und Sprachen übervölkerte Stadtzentrum zum Westbahnhof und zu meinem Hotel.

 

Spät am Abend dann doch noch ein kurzer Blick auf die hohen Berge, ein Bild, wie es den ganzen Tag hätte sein sollen.