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Etappe 7: Burgos - León 182 km

Veröffentlicht am 04.08.2012


Karten Etappe 7: Burgos bis León 

 

Fotos Etappe 7: Burgos - León

 

90. Tag           30.07.2012      Burgos bis Hontanas                        32 km

 

Es ist kühl, nur 10°C, als ich Burgos am frühen Morgen verlasse, aufmerksam den gelben Pfeilen folge, die mich von der Straße oberhalb der Kathedrale aus der Stadt hinausführen. Es geht erst ziemlich im Zickzack durch die Altstadt, dann durch ein altes Stadttor und in die neue Stadt, zwischen Wohnblöcken hindurch zum Fluss Arlanzón, ich wandere in einer schönen Pappelallee daran entlang durch einen Park, überquere die Hauptstraße und verlasse sie, noch einmal zwischen Wohnblöcken hindurch, auf eine kleine Straße, die zu einem Schotterweg wird und in Kornfelder und Wiesen hinausführt.

 

Morgennebel liegt im Tal vor den umgebenden Hügeln, ich unterquere die Eisenbahnlinie, gehe auf einer Brücke über die Autobahn und dahinter an der Schnellstraße entlang, unterquere die Autobahn Burgos-León, laufe auf einer Brücke über den Fluss Arlanzón und auf einem Pfad neben der Landstraße nach Tardajos hinein.

 

Hier verlasse ich die Straßen, gehe an der alten Kirche vorbei auf einen Schotterweg zur Landstraße nach Rabé de las Calzadas, folge ihr in das Dorf.

 

Am Ortsausgang beginnt ein steiniger Kiesweg, der langsam hügelaufwärts führt und die Meseta erreicht. Eine Gruppe von vielleicht 20 Pilgern ist vor mir auf dem Weg, macht beim Pilgerbrunnen Protorre Rast und geht mit mir den steilen Weg hinunter nach Hornillos del Camino.

 

In Hornillos esse ich ein Bocadillo, mache Mittagsrast, die Gruppe habe ich beim Weiter-gehen verloren, laufe auf Schotterstraßen wieder bergauf, dann lange auf weitläufiger Ebene zwischen Stoppelfeldern hindurch.

 

In einer kleinen Senke liegt abseits des Weges der Brunnen und die einfache Pilger-herberge San Bol, dahinter überquere ich eine Asphaltstraße, an der ich in dieser abgeschiedenen Einsamkeit doch tatsächlich warten und zwei Autos vorbeifahren lassen muss.

 

Ein Schild verkündet eine Herberge in Hontanas in 500 m Entfernung, vor mir liegt ein enges Tal, aus dem ein weißer Weg den Hügel hinaufführt, von einem Dorf keine Spur.

 

Nur ein paar Meter weiter kann ich dann in das Tal hineinblicken, das Dörfchen Hontanas versteckt sich darin, ich gehe steil den Hang hinunter, finde eine Casa Rural und nehme ein Zimmer.

 

Im Dorf ist abends ziemlicher Pilgertrubel, in vielen Sprachen wird geschwätzt, gegessen, Wein und Bier getrunken.

 

 

91. Tag           31.07.2012      Hontanas bis Frómista                     35,5 km

 

Beim Verlassen von Hontanas komme ich am Schwimmbad vorbei, davor liegt eine totgeschlagene Schlange auf der Straße, eine ziemlich fette Kreuzotter – ich muss also in Zukunft aufpassen, bevor ich mich auf Steine am Wegrand setze, auf die Umgebung achten und auf Schlangen kontrollieren!

 

Der Pfad führt mich von der Straße weg, die einladend eine schattige Pappelallee wäre, am Hügelrand entlang an einigen Ruinen vorbei, um dann doch wieder auf die Straße hinunterzuführen. Ich tappe zwischen den Bäumen entlang, passiere die Ruinen des Klosters San Antón und komme nach Castrojeriz, am Ortseingang der Monumentalbau der Kirche Sta. María de la Manzana, darüber auf einem kegelförmigen Berg die alte Festung. Ich werde vor dem Burghügel herumgeleitet, komme dann in das langgezogene Straßendorf, an den Kirchen vorbei. In der Mauer der Stadtkirche zwei steinerne Totenköpfe, überschrieben mit „O MORS - O ETERNITAS“.

 

Über die Plaza Mayor, deren langgestreckte Arkadengänge leider mit Autos zugeparkt sind, verlasse ich die Stadt, kreuze zwei asphaltierte Landstraßen und gehe über einen Kiesweg, den Río Odrilla auf einer alten Brücke überquerend, auf den vor mir liegenden Höhenrücken zu.

 

Ein weißer Weg führt hinauf; am Wegrand ein Denkmal für einen hier verstorbenen Pilger, auf der Höhe eine Schutzhütte, in der einige Pilger rasten, sich von dem anstrengenden Aufstieg erholen. Nach ein paar Metern auf dem Tafelberg, geht es ein kurzes Stück abwärts, die Strecke ist betoniert, nachdem es wohl einige Fahrradunfälle gegeben hatte, jedenfalls steht auch hier eine Erinnerungstafel für einen verunglückten Pilger.

 

Durch beeindruckend flaches Land, die „Tierra del Campos“, komme ich an die alte Kirche San Nicolas, in der eine einfache Pilgerherberge eingerichtet ist, überquere auf einer mittelalterlichen steinernen Bogenbrücke den Fluss Pisuerga und bin in der Provinz Palencia, gehe am Fluss entlang nach Itero de la Vega. Hinter dem Dorf führen weiße Wege leicht bergauf zu zwei kegelförmigen Hügeln, es geht über eine kleine Passhöhe, dann auf steinigem Weg hinunter nach Boadilla del Camino. Auf der Kirche ein Storchennest, Störche stehen darin, unbeeindruckt von der kunstvollen gotischen Gerichtssäule auf dem Kirchplatz und den wenigen Pilgern, die vorbeikommen.

 

Hinter dem Dorf erreiche ich durch Pappelplantagen den Treidelweg des „Canal de Castilla“, der im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert als Transportweg gebaut wurde, um die Getreideernten der Meseta transportieren zu können. Er gilt als eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte seiner Zeit in Spanien und als ingenieurtech-nische Meisterleistung, wird aber heutzutage nur noch als Bewässerungskanal genutzt.

 

Über eine alte Kanalschleuse komme ich nach Frómista. Im Ort steht eine der ersten romanischen Kirchen Spaniens, die Kirche San Martín aus der Mitte des 11. Jahrhunderts. Sie stellt mit ihrer perfekten architektonischen Ordnung ein Meisterwerk dar und ist Vorbild der frühen Romanik in Europa. Besonders beeindruckend ist der Skulpturenschmuck der Dachträger, der verschiedenen Tier-, Menschen- und Dämonengestalten in zum Teil abenteuerlichen Verrenkungen zeigt.


 

92. Tag           01.08.2012      Frómista bis Carrión de los Condes                       19,5 km

 

Ich verlasse Frómista an der Kirche St. Martín vorbei, komme an die Landstraße P980, die hinter einem großen Kreisverkehr auf einer Brücke erst die Nationalstraße N611 und dann die Autobahn überquert. Anschließend verläuft der Pilgerweg gut gekennzeichent getrennt von der Fahrbahn neben der Straße, auf der recht wenig Verkehr herrscht und kaum LKW fahren.

 

Hinter der Ortschaft Población de Campos, wird auf einer Brücke ein Fluss überquert, vor der Brücke weisen deutliche gelbe Pfeile und ein Schild auf die Variante abseits der Straße hin.

 

Ich bleibe auf dem Hauptweg, wandere gemütlich neben der Landstraße her, komme durch Villarmentero. Hinter dem Dorf läuft ein großer, schwarzer Hund auf dem Weg, die Pilgerin vor mir weicht ängstlich auf die andere Straßenseite aus, kreuzt erst, als sie einen sicheren Abstand zu dem Tier gewonnen hat, zurück auf den Pilgerweg. Ich nehme meine Wanderstock fest in die Hand,  gehe auf das Untier zu, treffe einen sehr alten, sehr müden Bernhardinermischling mit traurigen Augen, hängenden Ohren, einem dicken, schlotterigen Kehlsack und mottenzerfressenem Fell an den mageren Flanken, der, als er mich mit meinem Stock sieht, furchtsam in die Felder ausweicht und verschwindet.

 

Ich komme nach Villalcázar de Sirgo. Die mächtige Kirche, viel zu groß für das kleine Dorf, überragt die roten Hausdächer. Ich biege in die Ortschaft ab, betrete das sakrale Gebäude, einen dreischiffigen Bau, einst von den Tempelrittern errichtet, mit gotischem Kreuzgewölbe, romanischen Fenstern und Säulenkapitellen. Die Fensterrosette an der Stirnseite ist wieder rein gotisch.

 

Hinter Villalcázar sind es nur noch wenige Kilometer bis Carrión de los Condes, am nördlichen Horizont begrenzt das Kantabrische Küstengebirge „Picos de Europa“ die Ebene, die „Tierra del Campos“. Hinter einer Hügelkuppe taucht Carrión auf, am Ortseingang biege ich ab, gehe am Kloster und der Stadtkirche vorbei in das Ortszentrum.

 

Da ich morgen eine lange Strecke vor mir habe, lasse ich es bei der kurzen Tagestour bewenden, suche eine Unterkunft.

 

 

93. Tag           02.08.2012      Carrión de los Condes bis Sahagún                       38,5 km

 

In Carrión de los Condes gehe ich von der Santiago Kirche, den gelben Pfeilen folgend, aus der Stadt heraus, komme über eine alte Brücke und am Kloster St. Zoilo vorbei zu einem Kreisverkehr, den ich gerade überschreite. Dahinter führt eine schmale Asphaltstraße, zunächst von Bäumen und kleinen Gehölzen begleitet, in die große Ebene hinaus bis zu einer Kreuzung. Rechts von mir braust, immer in Hörweite, die Autobahn.

 

An der Kreuzung hält ein Bus, nimmt Passagiere auf, hinter der Kreuzung beginnt die lange Schotterstraße durch die große Ebene, am Anfang noch von einer Pappelallee begleitet, dann schattenlos und schnurgerade durch Stoppelfelder und Sonnenblumen. Mitten im Feld steht neben der Straße ein einsamer Baum.

 

Ich bin früh aufgebrochen, nicht allein, viele Pilger nutzen die Morgenkühle, gehen mit mir, verteilen sich nach und nach, ständig überholen Radfahrer, wünschen „Guten Weg“.

 

Die Straße wird zum weißen Weg, verlässt die lärmende Autobahn, erklimmt einen kleinen Hügel, der Kirchturm von Calzadilla de la Cueza kommt in Sicht. Immernoch sind es ein paar Kilometer, bis es nach 17 km Strecke in das Dorf hinuntergeht, das in der frühen Morgenstunde wie ausgestorben wirkt.

 

Hinter dem Dorf wechselt die Landschaft, der Pilgerweg führt separat neben der Landstraße durch ein Tal, die Hänge der umgebenden Hügel sind mit Bäumen bewachsen, es geht aus dem Tal hinaus eine Steigung hinauf, dann hinunter nach Ledigos.

 

In der Bar im Dorf esse ich mein Mittagsbocadillo, nehme dann die im Wanderführer beschriebene Abkürzung, folge der Straße Richtung Población de Arroyo, biege hinter einem Flussbett rechts ab und folge den seltenen, aber an den entscheidenden Stellen vorhandenen Markierungen nach Terradillos de los Templarios. Das Dorf mit seiner niedrigen Backsteinkirche liegt auf einem Hügel, dahinter Windräder, die sich in der leichten Morgenbriese nur wenig drehen.

 

Hinter Terradillos beginnt ein weißer Weg durch welliges Land, durchquert die Dörfer Moratinos und San Nicolás und biegt dann zur Landstraße und Autobahn ab.

 

Neben der Straße ist wieder ein separater Wanderweg eingerichtet, der geradeaus bis Sahagún führt. Gelbe Pfeile in Richtung auf eine Kapelle im Land ignoriere ich, bleibe auf dem Pilgerpfad neben dem Hauptverkehrsweg, erreiche die Stadtgrenze von Sahagún, überquere die Eisenbahnlinie und gehe in die Altstadt mit der San Lorenzo-Kirche im Mudéjar-Stil, dem Arco de San Benito und der Ruine der alten Klosterkirche neben der Kirche San Juan.

 

 

94. Tag           03.08.2012      Sahagún bis Mansilla de las Mulas             37 km

 

Sahagún wird über die Brücke, die über den Fluss Cea führt, verlassen, dann gehe ich auf einem getrennten Schotterweg entlang der Straße bis zu einem großen Kreisverkehr an der Autobahnbrücke bei Calzada del Coto.

 

Hier sind alle gelben Pfeile, die auf die Standardroute führen würden, mit weißer Farbe übermalt, die Pilger sollen wohl aus undurchsichtigen Gründen über die Alternativroute nach Calzadillo de los Hermanillos und die Calzada Romana geleitet werden.

 

Ich habe mich für die Standardroute entschieden, 18 km durch schattenloses Nichts auf einer steinigen Römerstraße sind mir zu einsam, gehe also geradeaus, bis ich wieder Wegmarkierungen finde.

 

So habe ich das surreale Erlebnis der besonderen Art: die weiße Doppelspur des Pilger-weges zwischen einer endlosen Baumreihe, die extra für den Pilgerweg gepflanzt wurde und künstlich bewässert ist und einer schmalen Asphaltstraße, auf der praktisch kein Verkehr herrscht, und das 30 km lang.

 

Unter der Brücke der neuen Hochgeschwindigkeitseisenbahnlinie ein Rastplatz, bald bin ich in Bercianos del Real Camino das ich auf geradem Wege durchschreite, dann wieder Baumreihe, Doppelspur, Asphaltstraße, immer in Hörweite rauscht die Autobahn, bis sie in einer Unterführung vor El Burgo Raneiro unterquert wird.

 

In El Burgo mache ich Mittagspause, zwei Störche klappern auf dem Kirchturmdach, es geht an der Baumreihe weiter. Rechterhand kommt der Gebirgszug der Picos de Europa näher, davor fährt, wie eine Fata Morgana, ein Hochgeschwindigkeitszug AVE durch die Ebene, Störche schreiten auf Heuschreckenjagd durch das Ödland, fliegen auf und kreisen in einer warmen Luftströmung, gewinnen Höhe bis sie nur noch als kleine schwarz-weiße Punkte zu sehen sind.

 

Vor einem Pappelhain der kleine Flugplatz von Villamarco, die Straße senkt sich, führt unter der Eisenbahnlinie hindurch und erreicht Reliegos, das ohne links oder rechts abzuzweigen durchquert wird.

 

Die Baumreihe führt weiter bis Mansilla de las Mulas, weithin sichtbar in einer grünen Senke liegend. Ein Industriegebiet neben dem Weg wurde hinter einer Zypressenreihe versteckt, davor ein Rastplatz mit Brunnen und Pferdetränke. Eine Brücke führt über eine Schnellstraße, einen Kanal, dann stehe ich vor den Resten des Stadttores in der Be-festigungsmauer, die die kleine romantische Stadt noch halb umgibt.

 

 

95. Tag           04.08.2012      Mansilla de las Mulas bis León                   19 km

 

Hinter der mittelalterlichen Stadtmauer überquere ich auf einer ebenfalls alten Brücke den Fluss und wandere auf einem Schotterweg neben der Nationalstraße durch grünes, bewässertes Land. Ich erreiche Villamoros, muss hier auf dem asphaltierten Seitenstreifen der lebhaft befahrenen Straße gehen, kann aber hinter dem Dorf wieder auf einen Nebenweg hinuntersteigen.

 

In Puente de Villarente wird eine neue Fußgängerbrücke über den Fluss gebaut, die aber noch nicht fertig ist, also heißt es, auf der schmalen, mittelalterlichen Brücke, die nur eine etwas verbreiterte Fahrbahn bekommen hat, neben dem Schwerverkehr den Fluss Porna zu überqueren.

 

Hinter Puente de Villarente zweigt ein Kiesweg in hügeliges Land ab, verlässt für eine Weile die Nationalstraße. Ruhig wandere ich auf und ab, gehe unter der neuen Autobahn unterdurch, die noch nicht für den Verkehr freigegeben ist, durchquere Arcahueja. Der Weg trifft wieder auf die Nationalstraße, überquert sie auf einer blauen Fußgängerbrücke. Hier wird der Blick auf León mit der Kathedrale frei. Durch Vororte gehe ich in die Stadt hinein, komme an einer alten Kapelle vorbei. Unten wird eine Hochzeit gefeiert, auf dem Turm ein Storchennest, der Storch wartet auf die Aufgaben, die durch die Hochzeit auf ihn zukommen.

 

Ich erreiche die Stadtmauer, gehe am von Gaudí entworfenen Handelshaus „Casa de Botines“ vorbei und komme an den Platz mit der Kathedrale.

 

Auch hier in León ist die Kirche zum Museum verkommen, aber der Trubel hält sich in Grenzen, ich kann mich still in eine Bank setzen, die farbigen Glasfenster und die strengen, klaren gotischen Linien bewundern.

 

León ist nach Burgos der zweite städtische Höhepunkt des Camino Francés in Spanien. Ich besichtige noch das Pantheon der Könige von León samt Museum San Isidoro und der zugehörigen Basilika San Isidro, gehe auf die Plaza Mayor, die an den Hauptplatz in Madrid erinnert, bummele durch die Altstadt.